Ein trauriges Update 2 zur Friedenshymne
vom 1. März 2025 (Teil 1/2)
Am Sonntag, den 23.02.25 erlebte ich eine seltsame Geschichte direkt nach der Studio-Session, die ich hier mit euch teilen möchte.
Ich wollte gerade mein Rad aufschließen, da glaubte ich plötzlich, eine Nay-Flöte zu hören. Ich habe selbst solch eine Flöte zuhause, mein palästinensischer Musikerfreund den ich bereits in meinem ersten Spendenaufruf auf dieser Seite erwähnt hatte, schenkte sie mir, als wir uns kurz vor seinem viel zu frühen Tod da letzte Mal sahen. Ich hab ihm damals innerlich versprochen, dass ich lernen will, diese Flöte zu spielen. Ich hörte Nay immer auf meiner Friedenspilgerreise im Heiligen Land, wenn Rotem sie spielte. Rotem war ein junger Israeli, der den Kriegsdienst verweigert hatte und dafür ins Gefängis ging. Er sprach fließend arabisch, hatte viele Beduinenfreunde und spielte sogar unterwegs beim gehen Nay. Das war uns Pilgernden damals eine große Freude.
Nay zu spielen ist sehr schwer. Nachdem ich kurz mit Mohamad Fityan Kontakt hatte wegen meiner Friedenshymne, gelang es mir zum ersten Mal, überhaupt einen Ton aus meiner Flöte zu bekommen.
Als ich also die vermeintlichen Flötentöne hörte, ging ich dem Klang nach und stand plötzlich vor einer kleinen Moschee in einem normalen Einfamilienhaus, die mir vorher nie aufgefallen war.
Ich traute mich nicht hinein, aber ein Mann der gerade auf dem Parkplatz aus dem Auto stieg, frug mich, was ich suche. Ich sagte ihm, dass ich gern den Musiker, der drinnen Nay spielte sprechen würde. Er sagte, dort sei nur Gebet, keine Musik, aber dass ich in 20 Minuten wiederkommen könnte.
Ich setzte mich also in den arabischen Imbiss gegenüber, aß etwas und versuchte es später nochmal.
Aber in der Moschee war keiner mehr. Außer einer freundlichen Frau, die gerade im Obergeschoss Staub saugte. Sie holte jemanden. Ein Mann, etwa in meinem Alter, kam und bat mich freundlich, die Treppe hoch zu kommen, nachdem ich die Schuhe ins Regal gestellt hatte. Oben, in einem winzigen Büro sprach ich dann mit Emara, wie er sich mir vorstellte. Er ist der Imam in der Moschee.
Ich sagte ihm, dass ich glaubte Nay gehört zu haben, und frug, ob hier jemand gespielt hatte vorhin. Er frug, wie es denn geklungen habe. Ich getraute mich nicht, es vorzumachen. Also sang er mir auf arabisch etwas vor. Es klang richtig gut!
Er sagte, vielleicht hätte ich mich getäuscht und der Adhan, der Gebetsruf hätte wie Flöte geklungen? Vielleicht hat er recht, kann sein.
Er wird aber in seiner Gemeinde herum fragen, ob jemand Nay spielen kann.
Dann erzählte ich Emara von
meiner Friedenshymne und dem
CD-Projekt, welches die Menschen in Gaza unterstützen soll.
Ich erzählte ihm auch kurz von der Friedenspilgerreise die ich durch das Westjordanland machte.
Da erzählte er mir, das sein Vorgänger Abdallatif Alshalfouh, der Imam der Gemeinde, in Gaza bei einem Bombenangriff ums Leben kam.
Abdallatif war laut ihm ein sehr freundlicher und engagierter Mann, Doktor der Chemie, der an der Uni Oldenburg gearbeitet hat. Ich werde euch den Nachruf der Uni hier einfügen. Abdallatif hatte sechs Töchter. Fünf davon starben mit ihm in Gaza. Die jüngste war erst sechzehn Monate alt. Nur seine älteste Tochter und seine Frau überlebten. Seine älteste Tochter verlor jedoch einen Arm und ein Bein. Seine Frau ist zumindest körperlich unverletzt. Die beiden wollen raus aus Gaza und zurück nach Oldenburg.
Diese schlimme Nachricht trieb mir die Tränen in die Augen.
Ich teile hier den Nachruf der Uni Oldenburg mit euch, den ihr unter
diesem Link auf Seite 11 finden könnt.
"Dr. Abdallatif Alshalfouh
Das Institut für Chemie trauert um seinen Absolventen Dr. Abdallatif Alshalfouh, der im Alter von 36 Jahren verstorben ist. Er arbeitete mit Förderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes von 2016 bis 2020 in unserem Institut an seiner Doktorarbeit zur Elektrochemie von individuellen Halbleiternanopartikeln und nahm intensiv am wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Leben des Instituts und der Stadt teil.